Das sogenannte «Gaslightning» in Beziehungen, vorallem bei Paaren, ist direkt vergleichbar mit den pathologisch narzisstischen Aussagen, die sich Diskriminierungsopfer anhören müssen, bei denen verletzliche Aussagen gemacht werden, wie, sie sollen nicht so empfindlich sein oder dass dies doch «bloss Einzelfälle seien», so die Amerikanische Therapeutin und Psychologieprofessorin Ramani Durvasula.
Mit diesen Aussagen will die eine narzisstische Partei die Realität oder die Gefühle des Anderen herabsetzen oder verleugnen, genauso wie es sich Minderheiten immer wieder anhören müssen. Dieses Gaslightning zwischen Minderheit und Mehrheit beobachtet Durvasula seit geraumer Zeit. Diese subtile Form der Manipulation oder psychischer Gewalt soll den Eindruck und die Gefühle des Opfers denunzieren, so sieht sie auch die Geschichte der schwarzen Gemeinschaft, besonders in den USA, als manipuliert, gemindert und weissgewaschen, obwohl deren Rechte noch immer nicht mal ansatzweise den weissen Bürgern gleichgestellt sind. Diese Realitätsverleugnung der vermeintlich gleichen Rechte, besonders in akuten Krisenzeiten, wie während einer Pandemie und erhöhter Polizeigewalt, ist nicht «nur» herablassend sondern auch gefährlich.
Obwohl sie eine Minderheit in der amerikanischen Bevölkerung darstellen, sind von den in den letzten zwanzig Jahren 885 Menschen, die gewaltsam in Polizeieinsätzen gestorben sind, 80% davon Latinos und Schwarze gewesen. In genau solchen Fällen wird immer wieder von Einzelfällen gesprochen, in einem sonst angeblich funktionierenden System. «Das minimiert, entschärft, trivialisiert die Situation. Das ist Gaslighting. Es beraubt der Situation ihre Realität. Bei all den Namen der Opfer, die wir sehen, handelt es sich um offizielle Fälle.»
Ramani Durvasula bezeichnet die Pfeiler des Narzissmus als Arroganz, Egozentrik, Empathiemangel, Überlegenheitsgefühle, ständiger Opposition, Opfertum und unflexibles Verhalten. Sie sieht starke Parallelen zwischen dem Polizeiverhalten und ihrem Praxisalltag, bei dem der Partner des Narzissten die Aussagen und Vorwürfe auf Kamera aufnehmen um dem Narzisst dann einen Beweis für die psychische Manipulation und Gewalt aufzeigen zu können, ihnen wird dann aber ebenso vorgeworfen, dass sie kleinlich und engstirnig seien, genau wie es so oft in den Vereinigten Staaten im Diskurs mit Polizisten passiert.
Der Mangel an Empathie und das Fehlen eines Bewusstseins der Bedürfnisse des anderen findet sich genau gleich im Rassismus wieder, wo es nicht einmal einen Versuch gibt, sich in den anderen hineinzuversetzen. Das Gefühl der Überlegenheit und die Arroganz, die dies mit sich bringt, leitet solche Menschen dazu, sich sicher zu sein, dass alles selbst verdient sei und so auch im Fall der unterschiedlichen Hautfarbe und Behandlung aufgrund dessen.
Was können wir daraus lernen?
Ramani ist trotz der langjährigen Arbeit mit narzisstischen Beziehungen und Persönlichkeitsstrukturen zu dem Schluss gekommen, dass man vergeblich einen Narzissten zu ändern versucht. Genau gleich sieht sie es bei den unabdingbaren Rassisten: «Wir können Rassisten in Sensibilitäts- und Achtsamkeitstrainings ohne Ende schicken, es wird nichts nützen. Alles, was wir über Polarisierung wissen, sagt uns, dass je mehr wir versuchen, jemandes Meinung zu ändern, desto mehr wird er sich in seiner Ecke verschanzen. Es handelt sich hier aber um systemischen Rassismus, den man auf der Ebene des Systems lösen muss. Etwas, was ganz dringend passieren muss, ist, dass privilegierte, in unserem Falle überwiegend weiße Menschen, die Machtpositionen bekleiden, innehalten müssen und beginnen zuzuhören. Ohne sich angegriffen zu fühlen und ohne zu unterbrechen, auch wenn es wirklich schwierig auszuhalten ist. Es geht darum, den Schmerz der anderen so lange auszuhalten, bis man sich wirklich einfühlen kann, bis man versuchen kann, die Realität der anderen zu verstehen. Dann können die, die Privilegien haben, diese abgeben und das System nachhaltig verändern.»
Für die Otto-Brenner-Stiftung, die die Reaktion von kirchlichen Institutionen auf rechtsextreme Strömungen untersucht, gibt es dabei eine sinnvolle Lösung, die Entfinanzierung der Polizei. Denn, anderns als viele antipathische Medienhäuser es gerne als anarchistisch ausmachen, kann dieses Verwaltungsänderung von öffentlichen Geldern, anstatt systemisch rassistische Institutionen zu unterstützen, an den Schutz von benachteiligten Gemeinden gehen und nachhaltig einen Unterschied in der Chancengleichheit im Wohnungs-, Arbeits-, Gesundheits- und Bildungsmarkt machen. Scheinbar war ein grausamer und tragischer Tod von George Floyd nötig, um, gemäss einer Umfrage der Monmouth Universität, auch die weisse Mehrheit auf das systemische Rassismusproblem und die überproportionale Polizeigewalt aufmerksam zu machen. Da dies nun die breite Gesellschaft in den Vereinigten Staaten und weltweit erreicht hat, könnte dies Hoffnung auf eine wirkliche Veränderung bieten, auf Regierungsebene im Zusammenschluss mit der Polizeilobby und in der Gesellschaft selbst.